The Thief of Tomorrow

Exhibition / Ausstellung | Performance
opening / Eröffnung 04. September 2020, 19:00
visiting hours / geöffnet 04-06 September, 2020 | 14:00 – 20:00, by appointment / nach Vereinbarung

„Der ewige Dieb“ ist die Zeit. Die Gegenwärtigkeit der Zeit zeigt sich im Ereignis, das Spuren
hinterlässt und sich so als Erinnerung in Materie und Geist einschreibt; sie wird so zum „Dieb des
Morgen“. Die Zeit als Phänomen nimmt der Zukunft ihre Unberührbarkeit; sie eignet sich mit der
Macht des Faktischen das Alles-und-Nichts des Noch-nicht-Seienden an. Dementsprechend wird
die Welt wahrnehmbar als Abbild aller Geschehnisse aufgrund eines ursächlichen Sich-Aneignens
von dessen Möglichkeit – alles geschieht, da es möglich ist. Dies ist auch der kleinste gemeinsame
Nenner aller Kunst.
Im übertragenen Sinne hocken mit dieser Ausstellung sechs „Diebe“ um das Feuer und erzählen …

Die Glasobjekte von Monika Goetz bilden die Konstellation des fiktiven Sternbildes Esperance ab. In Ovids Metamorphosen wird verletzlichen Seelen letzte Zuflucht vor gewaltsamem Nachstellen in der
entrückten Form einer Sternenkonstellation gewährt. Das Prinzip „Hoffnung“ wird so in die Zukunft
projiziert; lediglich die versehrende Erfahrung verharrt im Material, verletzt und potentiell verletzend
zugleich.

Das erste und letzte Wort der Zeit ist ihr Klang. Endloser Impuls, fließend allgegenwärtig im Raum
sowie erinnerbar in Momenten der Stille. Agnés Guipont leiht dem Vielgestaltigen ihre Stimme, sie
verschlüsselt den Klang in Sprache und schließt seine Farben auf, gleich einem Prisma.

Philipp Hennevogl verbindet mit der größtmöglichen Trennschärfe des Schwarz-Weiß seiner
Linolschnitte die konfrontative Wirklichkeit des fotografischen Blickes. Der perfekten Ausführung
setzt er motivisch das Imperfekte, Fragmentarische und von Spuren des Vergänglichen Gezeichnete
gegenüber. Beiläufigkeit steht hier in Spannung zu Unausweichlichkeit.

Die raumgreifende, kinetische Installation Auseinanderlaufen von Andrea van Reimersdahl nimmt dem
Betrachtenden die Selbstversicherung des Figürlichen mit der Abstraktheit des Geschehens. In
unerbittlicher Zeitlupe wird dem beobachtenden Blick die Grundlage des Erkennens aberkannt; bevor
man glaubt zu wissen, was man sieht, ist die Situation schon eine andere. Es wird einem das
Vorenthaltene offensichtlich entzogen.

Was bleibt, wenn man die Dinglichkeit des Weltlichen verliert? Mehr noch, wenn sich auch dessen
Kontext zurückzieht? Dies fragt Christine Lohr mit ihren Zeichnungen, wozu Interieurs
schweigen. Mehr jenseitig als diesseitig atmet sich die zeichnerische Linie durch bloßen Abdruck
im Papier aus. Das Gefühl von Abwesenheit wird paradoxerweise durch den Gestus
überzeichnender Schraffur verstärkt. Dennoch ist das, was sich kaum mehr abzeichnet, konkret:
Stühle an Tischen im Raum. Allerdings verbergen hier die perspektivischen Koordinaten das
Eigentliche – wer bewegte sich dort und nahm die Plätze ein? Es bleibt das Befragen von Schatten.

Was vermag Erinnerung? Jeder weiß es. Und das objektive Medium der Fotografie macht es
sichtbar. Richard Schütz hingegen zeigt mithilfe des Erfassbaren die Unfassbarkeit dessen, was
bedeutet wird. Er setzt seine Subjektivität subversiv ein, indem er Bilder erzeugt, die sprechen, ohne
sich zu erklären. Er ist der Narr unter den Dieben.

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